Aufschließungsabgabe Verordnung

20.12.2016

DIE AUFSCHLIESSUNGSABGABE

Wohl jeder, der in den letzten Jahrzehnten einen Baugrund erworben hat oder auf einem bereits in seinem Eigentum befindlichen unbebauten Grundstück ein Bauwerk errichtet hat, hat diese Abgabe schon „persönlich“ kennen gelernt: die Aufschließungsabgabe. Und diese Personen erinnern sich wahrscheinlich mit Unbehagen daran, handelt es sich dabei doch um die wohl „teuerste“ aller Gemeindeabgaben. Durch die niedrigen Grundstückspreise für Ortsansässige unserer Gemeinde ist der Erwerb eines Bauplatzes dennoch vergleichsweise günstig und leistbar.

Die Aufschließungsabgabe, welche es in der jetzigen Form seit dem Jahr 1976 gibt, ist eine ein-malig zu entrichtende, ausschließliche Gemeindeabgabe; sie entwickelte sich aus der ursprüng-lichen Verpflichtung zur Leistung eines Beitrages zu den Herstellungskosten der Fahrbahn, des Gehsteiges, der Straßenbeleuchtung und der Baulichkeiten zur Oberflächenentwässerung und ist in der NÖ Bauordnung 1996, § 38, geregelt.

Um die finanzielle Belastung für diese öffentlichen Aufschließungsanlagen möglichst gleichmäßig auf alle Grundeigentümer im Gemeindegebiet aufzuteilen, sieht die Bauordnung die Vorschreibung einer pauschaliert zu berechnenden, einmalig zu entrichtenden Abgabe vor.


Die im Gesetz vorgegebene Formel für die Berechnung lautet:

Die Aufschließungsabgabe ergibt sich aus der Multiplikation der Quadratwurzel aus der Fläche des Bauplatzes in m² mit dem Einheitssatz. In Städten und Gemeinden, in denen es einen Bebauungs-plan gibt, ist zusätzlich noch ein so genannter „Bauklassenkoeffizient“, der von der Höhe der Gebäude abhängig ist, in diese Formel einzubeziehen; da es in unserer Gemeinde aber keinen Bebauungsplan gibt, kann sich die endgültige Höhe eines Gebäudes erst nach dessen Errichtung auf die Aufschließung auswirken und nur im Rahmen einer Ergänzungsabgabe (beschrieben im Abschnitt „Ergänzungsabgabe“) berücksichtigt werden. Für Industriegebiete beträgt der Koeffizient in jedem Fall „2“, das bedeutet, dass das Ergebnis der beschriebenen Formel mit 2 zu multiplizieren ist, was kurz gesagt die „doppelte“ Aufschließung ergibt.

 Der Einheitssatz repräsentiert die durchschnittlichen Herstellungskosten einer drei Meter breiten Fahrbahnhälfte samt Gehsteig, Regenwasserkanal (bauliche Vorrichtung zur Oberflächenent-wässerung) und Straßenbeleuchtung pro Laufmeter. Dieser Einheitssatz wird einheitlich für das gesamte Gemeindegebiet in einer Verordnung des Gemeinderates festgesetzt. In unserer Gemeinde beträgt dieser Einheitssatz derzeit € 710,00. Als Beispiel für einen Bauplatz mit einer Fläche von 1.000 m² beträgt die Aufschließungsabgabe somit € 22.450,20 (Quadratwurzel aus 1.000 = 31,62 x € 710,00).


Anlässe für die Vorschreibung dieser Abgabe sind:

*) Erklärung eines Grundstückes oder eines Grundstücksteiles zum Bauplatz 

*) Erteilung der Baubewilligung für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes 

Eine Ergänzungsabgabe zur Aufschließungsabgabe ist anlässlich einer Änderung der Grenzen von Bauplätzen vorzuschreiben, wenn bei gleich bleibender Gesamtfläche die Anzahl der Bauplätze erhöht wird oder wenn Bauplätze (auch einzelne) um Grundstücke (oder Teile von solchen) erweitert werden, die selbst noch nicht Bauplätze sind, also das Gesamtausmaß der Bauplätze vergrößert wird. So kompliziert diese Bestimmung klingt, so „gefährlich“ kann sie sein; ein Beispiel: ein Bürger besitzt eine großflächige Liegenschaft, hat ein Wohnhaus darauf errichtet und bewohnt dieses seit vielen Jahrzehnten. Irgendwann einmal braucht er mehr Platz, weil die Kinder größer sind oder er Abstellräume oder eine Garage bauen oder sogar ein weiteres Wohnhaus im hinteren Bereich des Grundstückes (was in vielen Bereichen ja möglich und erlaubt ist) errichten will. Anlässlich der baubehördlichen Einreichung seines Vorhabens kommt er drauf, dass seine Liegenschaft eigentlich aus mehreren Parzellen besteht und nur für eine, nämlich jene, auf welcher das erste Wohnhaus steht, eine Aufschließungsabgabe errichtet wurde. Die Folge ist, dass entweder für die neu zu bebauende Parzelle eine Aufschließungsabgabe entrichtet werden muss oder bei Vereinigung der Parzellen zu einem einzigen großen Grundstück eine Ergänzungs-abgabe fällig wird. Und das ist dann eine Ausgabe, mit der der Grundbesitzer nicht gerechnet hat!

 


Ein weiterer Anlass für die Entrichtung einer Ergänzungsabgabe ist – wie eingangs erwähnt – die Feststellung eines höheren Bauklassekoeffizienten als „1“ aufgrund der tatsächlichen Höhe eines Gebäudes, zumal bei der Leistung der Aufschließungsabgabe noch nicht bekannt ist, wie hoch das Haus einmal gebaut werden wird. Die Bauklasse „1“ erlaubt eine Gebäudehöhe von bis zu 5 m. Eine Erhöhung um weitere 3 m bedeutet einen Schritt in die nächste Bauklasse, nämlich in die Bauklasse „2“ und so weiter. Der Bauklassenkoeffizient erhöht sich für jede weitere Bauklasse um je 0,25. Das bedeutet, dass für ein 8 Meter hohes Haus, für das seinerzeit nach der eingangs beschriebenen Formel Aufschließung bezahlt wurde, nunmehr der Bauklassekoeffizient von 1,25 herangezogen werden muss und analog unserem Beispiel eine Ergänzung von € 4.980,15 fällig wird (€ 19.920,60 mal 0,25). Ist die Gebäudehöhe schon bei der erstmaligen Vorschreibung be-kannt (etwa, weil bereits ein Bauplan vorliegt), dann wird der entsprechende Bauklassenkoeffizient gleich angewandt und eine Ergänzungsabgabe entfällt (vorausgesetzt, dass das Haus plan- und beschreibungsgemäß ausgeführt wird).


 


Eine besonders „hinterhältige“ Abgabe, die in der Bevölkerung nahezu unbekannt ist (weil deren Einhebung von den Gemeinden sehr vernachlässigt wird), ist die so genannte „Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe“. Laut Bauordnung ist nämlich ein Grundeigentümer anlässlich der Änderung von Grundstücksgrenzen bzw. bei diversen Baubewilligungen verpflichtet, die zwischen den Straßenfluchtlinien liegenden, zu seinem Grundstück gehörenden Flächen bis zu einem bestimmten Ausmaß entschädigungslos abzutreten. Wird dieses gesetzlich festgelegte, nicht zu entschädigende Ausmaß unterschritten und wurde in diesem Bereich auch früher noch nie Straßengrund abgetreten, so soll der betreffende Grundeigentümer einen finanziellen Beitrag zur Schaffung der notwendigen Verkehrsflächen – eben in Form der Grundabtretungs-Ausgleichs-abgabe – leisten. Für die Bemessung dieser Abgabe ist der Verkehrswert des Grundstückes maßgeblich.


 


Schlussendlich bleibt noch von der „Stellplatz-Ausgleichsabgabe“ zu berichten, die daraus resultiert, dass bei der Errichtung, Vergrößerung oder Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden Abstellanlagen (Parkplätze) mit einer ausreichenden Zahl von Stellplätzen zu schaffen sind. Ist die tatsächliche Herstellung oder Vergrößerung einer Abstellanlage technisch nicht möglich, wirtschaftlich unzumutbar oder unzulässig, hat die Baubehörde die Anzahl der erforder-lichen und nicht herstellbaren Stellplätze im Baubewilligungsbescheid festzustellen. Für die fest-gestellte Anzahl ist besagte Ausgleichsabgabe zu entrichten. Die Höhe der Abgabe ist von der Gemeinde in einer Verordnung tarifmäßig auf Basis der durchschnittlichen Grundbeschaffungs- und Baukosten für einen Stellplatz mit 25 m² Nutzfläche festzusetzen. Die Stellplatz-Ausgleichsabgabe ist insofern zweckgebunden, als ihr Ertrag nur für die Finanzierung von öffentlichen Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge oder für Zuschüsse zu den Betriebskosten des öffentlichen Personennahverkehrs verwendet werden darf. Bemerkenswert ist, dass diese Vorschrift auch für Einfamilienhäuser gilt! Wer also auf seinem Grundstück nicht mindestens einen Abstellplatz schafft, kann zur Leistung dieser Abgabe verpflichtet werden!


 Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne unter gemeinde@engelhartstetten.at zur Verfügung!

Weitere Informationen finden Sie auch in der NÖ Bauordnung 2014