Fachliche Info vom Förster Ing. Johann Kiessling

 

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                                         Fö. Ing. Johann KIESSLING                                                                    Grafenweiden, April 2023

DISKUSSION ÜBER LAUBWALDBEWIRTSCHAFTUNG

FACHLICHE INFO

Österreich ist knapp zur Hälfte der Landesfläche mit Wald bedeckt. Der Waldanteil am jeweiligen Gemeindegebiet ist unterschiedlich hoch. Die Spanne reicht von wenigen Prozent bis zu mehr als neunzig Prozent. Der Waldanteil in der Marktgemeinde Engelhartstetten beträgt im Durchschnitt 12,7 %. In der KG Loimersdorf ist mit 1,7 % wenig Wald, in der KG Stopfen­reuth mit 37 % die größte Waldausstattung in unserer Gemeinde.

(Info unter: https://www.noe.gv.at/noe/Forstwirtschaft/WEP_Gaenserndorf_Mistelbach.pdf)

Österreich hat ein sehr gutes und strenges Forstgesetz, BGBl. Nr. 440/1975 i.d.g.F.. Dieses definiert einerseits „Was ist Wald“ und schreibt andererseits vor, dass „Wald muss Wald bleiben“.  Häufig werden die Begriffe Nutzung und Rodung verwechselt. Das „Bäume umschneiden“ ist Nutzung, der Waldboden muss durch Naturverjüngung oder Bäume setzen wieder bestockt werden. Rodung hingegen ist die dauerhafte oder befristete Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als der Waldkultur (z.B. Fahrradweg, Leitungstrasse u.ä).

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und schätzt meist keine großen Veränderungen in seiner Um-gebung. Wenn sich ein gewohntes Waldbild ändert, gibt es meist Emotionen. Der Wald hingegen ist ein ewiger Kreislauf zwischen Werden und Vergehen. Auf 10.000 m² (1 Hektar) Waldboden wurden schon bis 100.000 Keimlinge von Waldbäumen gezählt. Im Altbestand stehen nach 100 Jahren auf derselben Fläche vielleicht noch 50 / 60 Bäume. Die Differenz von 99. 950 Baumindividuen starb natürlich oder durch Nutzung in den 100 Lebensjahren. Der Mensch lebt im Durchschnitt 70 – 80 Jahre, ein Waldbaum kann je nach Holzart von 70 bis zu mehreren hundert Jahren alt werden. Im „Urwald“ (ohne menschlichen Einfluss – ca. 1.000 Hektar in Österreich) bricht der Altbestand über Jahrzehnte zusammen und die umgefallenen dürren Stämme sind der Nährboden der jungen Waldbäume. Im bewirtschafteten Wald wird diese Zerfallsphase durch vorige Nutzung der Bäume verhindert. Es wächst in Österreichs Wäldern im Jahr weit mehr Holz zu als genutzt wird. Aus Moder könnte man „keinen Sessel bauen“! „Bäume fällen und das Holz sinnvoll verwenden, ist daher kein Verbrechen!“.

Jeder Waldstandort hat nach Klimazone und Höhenstufe seine natürliche Baumartenzusetzung. Diese wird und wurde teilweise durch den Menschen verändert. Der Grund dafür ist meist, die Zielsetzung der Verwendung des genutzten Holzes. Für den Holzschiffsbau im 19. Jahrhundert war krummes Holz gefragt, für den Hackenstiel des Urgroßvaters ein Stück bestimmter Sträucher, für die Zugstange am Leiterwagen war Birke in bestimmter Form erforderlich, für die Holzkohlenerzeugung waren andere Holzarten erforderlich als für die heutigen Boden- oder Wandbretter. Wälder bieten dem Menschen viel mehr als nur Holz. Wasser, örtlicher Klimaeinfluss, Bodenschutz, Schutz vor Naturgefahren, Erholung, Pilze, Beeren, Waldkräuter und Wärme aus nächster Umgebung sind nur einige Gaben auch unserer Wälder in der Marktgemeinde Engelhartstetten!

WALDNUTZUNG Parz. 350/2 KG STOPFENREUTH 

SACHLICHE INFO

Lageplan

  • Das ganze Dorf Stopfenreuth liegt im Landschaftsschutzgebiet Donauauen und nicht wie publiziert in irgendwelchen Naturschutzgebieten. (siehe https://atlas.noe.gv.at/atlas/portal/noe-atlas/map/Naturraum/Naturschutz)

  • Zur Durchführung der Nutzung dieser Waldparzelle war eine Fällungsbewilligung nach dem Forstgesetz sowie eine Bewilligung nach dem Naturschutzgesetz (Veränderung des Landschaftsbildes) erforderlich. Diese wurden eingeholt.

  • Im Gegensatz zu früheren Zeiten als Bodenstreu (für den Stall als Einstreu), sowie Stämme, Äste und Zweige genutzt und abtransportiert wurden, wird heute nur mehr das Derbholz (Rundlinge über 8 cm) und das Astholz (Rundlinge von 3 bis 8 cm Durch-messer) durch die Eigentümerin Marktgemeinde vergeben und genutzt.

Alles andere (dünne Zweige, Scharten, Rindenstücke u.a.) hat auf der Schlagfläche zu verbleiben = Schlagabraum.

  • Das Verbrennen dieses Schlagabraumes – wie es früher durchaus üblich war - auf der Schlagfläche ist gesetzlich verboten.  Das Verbrennen jeglichen organischen Materials im Garten, Dorf oder Grünland ist mittlerweile ebenfalls verboten. (Gartenlaub et.al).

  • Dieser Schlagabraum kann flächig ausgebreitet sein oder auf Haufen zusammengelegt. In beiden Fällen zersetzt er sich und erhält / fördert die Humusschicht des Waldbodens. Eine Entfernung dieses Schlagabraumes ist weder ökologisch sinnvoll noch vorge-schrieben! Menschliche Sauberkeitsvorstellungen – meist der Not der Kriegs- und Nachkriegszeit entspringend „wo jeder Ast genutzt wurde“- im Wald sind gegen die Natur! Dieser Schlagabraum ist Lebensraum einer Fülle von nützlicher Lebewesen (Säugetiere, Insekten, Pilze, Flechten, Bodenlebenwesen u.v.a.). Im Laubwaldgebiet wie bei uns, kann eine Vermehrung waldschädigender Schädlinge//Krankheiten durch diesen Schlagabraum mit Sicherheit ausgeschlossen werden.

  • Die Fläche wird gemäß den forstgesetzlichen Bestimmungen durch Naturverjüngung wieder in Bestand gebracht. Auch dazu leistet der Schlagabraum seinen Beitrag (Schutz der jungen Waldbäume gegen Wildverbiss; erforderliches Keimbett, „Vogel-schiss-Keimlinge“ u.v.a.). Es wird sich dadurch eine der natürlichen Waldgesellschaft nahe Holzartenfülle einstellen. Kulturpflege kann erforderlich werden. Dabei sind helfende Hände aus der Katastralgemeinde, wenn es erforderlich ist, gerne gesehen. „Viele Hände – rasches Ende“.  Stopfenreuther Gemeindewald sollte oder ist auch Ihr Wald als Gemeindebürger:in.

  • Achtung – gemäß Forstgesetz dürfen Kulturflächen unter 3 Meter Höhe nicht wie anderer Wald frei betreten werden!  

  • FORUM Pflanzenwerkstatt Grafenweiden hat als Verein auch (Volks)Bildungsaufgaben. Wir nutzen die Fülle der im Verein zusammengefassten Expert:innen und bieten nach bestem Wissen und Gewissen Sachinformationen. Wir freuen uns daher auch auf Ihr Interesse am Wald – nicht nur in der Marktgemeinde Engelhartstetten - und stehen gerne für Fragen, gemeinsame Waldspaziergänge, Nachschauen z.B. „Was lebt den da“; „Was blüht den da“; „Was kann ich naschen, kochen, essen oder was passt in die „Schwammerl-Eierspeis“ nach dem Motto „Wald begreifen“, zur Verfügung.  Auch für Einzelpersonen, Familien, spezifische Fragen …. 
  • Kontakt: pflanzenwerkstatt@forstkultur.at; Tel. 0699 10535356. Herzlichst grüßt, Fö. Hans KIESSLING

18.04.2023